Enthalpie und Entropie
Energieerhaltungssatz
Energie ist die Fähigkeit Arbeit zu verrichten. Wenn ich einen Gegenstand aufhebe, führe ich ihm Arbeit zu und der Energieinhalt wird größer. Üblicherweise werden Energie und Arbeit als die beiden Formen der Energie bezeichnet.
Die wichtigste Energiequelle auf der Erde stellt die Sonne dar. Mit Hilfe des Sonnenlichts produzieren grüne Pflanzen energiereiche organische Stoffe aus Kohlenstoffdioxid und Wasser. Als Nebenprodukt entsteht hierbei der für die meisten Lebewesen so wichtige Sauerstoff. Die Pflanzen nehmen die Sonnenenergie auf und speichern einen Teil davon in der pflanzlichen Biomasse, aus der im Verlauf vieler Millionen Jahre unsere fossilen Brennstoffe entstehen. Bei der Verbrennung dieser Brennstoffe wird Energie frei, die zur Verrichtung von Arbeit genutzt werden kann.
Der Energieerhaltungssatz sagt:
Energie kann weder geschaffen noch zerstört werden. Energieformen können nur ineinander umgewandelt werden.
Hier versteht man unter Energieform z.B. die mechanische oder die thermische Energie. Bei chemischen Reaktionen können folgende Energieumwandlungen stattfinden.
Systeme in der Thermodynamik
Die Thermodynamik (Wärmelehre) ist die Lehre der Energie, ihrer Erscheinungsform und Fähigkeit, Arbeit zu verrichten. Demnach ist die chemische Thermodynamik die Lehre von der Energieübertragung und Energieumwandlung bei chemischen Reaktionen.
Innerhalb der Thermodynamik werden drei Arten thermodynamischer Systeme unterschieden:
- Offene Systeme: Austausch von Materie und Energie sind möglich (Bsp. offenes Reagenzglas)
- Geschlossene Systeme: nur der Austausch von Energie ist möglich (Bsp. Reagenzglas mit Stopfen)
- Abgeschlossene (isolierte) Systeme: weder Austausch von Materie noch von Energie (Bsp. Thermosgefäß)
Arbeit und Wärme
Die Energie eines geschlossenen Systems kann nur durch die Zufuhr oder Abgabe von Wärme bzw. durch das Verrichten von Arbeit verändert werden.
Bei allen chemischen Reaktionen wird entweder Wärme abgegeben (exotherme Reaktion) oder aufgenommen (endotherme Reaktion). Die vom System abgeführte Wärme erhält ein negatives Vorzeichen. Das gleiche gilt für die vom System verrichtete Arbeit.
Wärme
Als Wärme Q wird die über eine Systemgrenze hinweg transportierte thermische Energie bezeichnet.
In einem geschlossenen Gefäß wird Salzsäure mit Natronlauge neutralisiert. Das geschlossene System steht in einem Wasserbad.
\ce{NaOH (aq) + HCl (aq) <=> NaCl (aq) + H2O}
$$
Während der Reaktion ist eine Zunahme der Temperatur zu verzeichnen. Das System hat während der Reaktion Wärme an seine Umgebung (Wasserbad) abgegeben. Die übertragene Wärmemenge ist proportional zur Temperaturänderung $ \unicode{x0394} T = T_2 - T_1 $:
$$
Q \sim \unicode{x0394}T
$$
Führt man einen Proportionalitätsfaktor C ein, erhält man die folgende Gleichung:
$$
Q = C \cdot \unicode{x0394} T
$$
Der Proportionalitätsfaktor C wird als Wärmekapazität bezeichnet. Die Wärmekapazität ist charakteristisch für den jeweiligen Stoff und hängt von der Stoffmenge ab. Daher wird die spezifische Wärmekapazität c angegeben und man erhält die Grundgleichung der Thermodynamik:
$$
Q = m \cdot c \cdot \unicode{x0394}T
$$
Die spezifische Wärmekapazität gibt an, wie viel Wärme von einem Gramm eines Stoffes aufgenommen wird, damit sich die Temperatur um 1 K ändert. Die Einheit der spezifischen Wärmekapazität ist $\frac{J}{g \cdot K} $.
Stoff | Aggregatzustand | \(c_p \text{ in } \frac{J}{g \cdot K} \) |
---|---|---|
Luft (trocken) | g | 1,005 |
Aluminium | s | 0,900 |
Messing | s | 0,377 |
Kupfer | s | 0,385 |
Diamant | s | 0,502 |
Ethanol | l | 2,460 |
Gold | s | 0,129 |
Graphit | s | 0,720 |
Helium | g | 5,190 |
Eisen | s | 0,444 |
Quecksilber | l | 0,139 |
Stickstoff | g | 1,042 |
Sauerstoff | g | 0,920 |
Quarzglas | s | 0,703 |
Wasser | g | 2,020 |
Wasser | l | 4,183 |
Wasser | s | 2,060 |
Versuch: Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Wasser
Aufbau
Durchführung
In ein großes Becherglas werden 500 mL Wasser mit Raumtemperatur gefüllt. Die Temperatur des Wassers wird gemessen. Das Wasser wird mit einem Tauchsieder mit bekannter Leistung 5 min. lang erhitzt. Die Temperatur des Wassers wird erneut gemessen. (Besser wäre es, die Temperatur alle 30 s zu messen).
Beobachtung
Tauchsieder: P = 500 W
t = 300 s
ϑ1=21°C
ϑ2=86°C
T1=319°C
T2=359°C
Deutung
$$
\begin{align*}
P &= \frac{Q}{t}\\
Q &= P \cdot t\\
Q &= 500 \, W \cdot 300 \, s\\
Q &= 150000\,Ws = 150000\,J = 150 \, kJ\\
Q &= m \cdot c \cdot ΔT\\
c &= \frac{Q}{m \cdot ΔT}\\
c &= \frac{150000 \, J}{500\, g \cdot 75 \, K}\\
c &= 4 \, \frac{J}{g \cdot K}\\
\end{align*}
$$
Die Wärmekapazität von Wasser wurde mit $c = 4 \, \frac{J}{g cdot K}$ bestimmt.
Hinweis: Es gibt einige mögliche Fehlerquellen aufzuzählen, z.B. gibt das Becherglas über seine Wand sehr viel Wärme an die Umgebung ab.
An dieser Stelle wollen wir das Gedankenexperiment vom Beginn dieses Kapitels "praktisch" durchführen.
Versuch: Bestimmung der Neutralisationswärme der Reaktion von Salzsäure mit Natronlauge
Aufbau
Durchführung
In ein Becherglas werden 50 mL Salzsäure der Konzentration $1\frac{mol}{L}$ gegeben. Die Temperatur T1 der Säure wird gemessen. Unter Rühren werden 50 mL Natronlauge der gleichen Konzentration hinzugegeben und, wenn sich die Temperatur nicht mehr erhöht, die Temperatur T2 gemessen.
Beobachtung
Die Temperatur verändert sich von 19°C auf 26°C. (Das ist lediglich ein Beispielwert.)
Deutung
Berechnung der Wärmemenge, die benötigt wird, um 100 mL Wasser von 19°C auf 26°C zu erwärmen:
$$
\begin{align}
Q & = m \cdot c \cdot ΔT\\
& = 100 g \cdot 4,183 \frac{J}{g \cdot K} \cdot (26 - 19) K\\
& = \underline{2928,1 J}\\
\end{align}
$$
Die Stoffmenge der Säure kann berechnet werden mit:
$$
\begin{align}
n(S) &= c \cdot V\\
&= 1 \frac{mol}{L} \cdot 0,05 L\\
&= 0,05 mol
\end{align}
$$
Der Formelumsatz bei dieser Reaktion beträgt also nf=0,05 mol.Jetzt können wir die molare Neutralisiationsenthalpie berechnen:
$$
\begin{align}
\unicode{x0394}_rH &= - \frac{Q}{n_f}\\
&= - \frac{2,928 kJ}{0,05 \, mol}\\
&= - 58,56 \frac{kJ}{mol}
\end{align}
$$
Bei der Neutralisation werden 2928,1 Joule in Form von Wärme abgegeben.