Carbonsäuren

Wichtige Vertreter

Methan­säu­re fin­den wir z.B. in Amei­sen und in Brenn­nes­seln. Tat­säch­lich wur­de sie frü­her durch Aus­ko­chen von Amei­sen gewon­nen. Essig­säu­re ent­steht durch die Oxi­da­ti­on von Wein, manch­mal auch unab­sicht­lich zu Hau­se. Pro­pi­on­säu­re riecht unan­ge­nehm und man fin­det sie auch im mensch­li­chen Schweiß. But­ter­säu­re riecht nicht unan­ge­nehm, sie stinkt ein­fach nur abar­tig. Sie ent­steht u.a. beim Ran­zi­ge­ren der But­ter. Ben­zoe­säu­re fin­det man im Harz bestimm­ter tro­pi­scher Bäu­me. Oxal­säu­re fin­den wir in der Natur u.a. im Sau­er­klee und in der Peter­si­lie.

NameStruk­tur
Methansäure (Ameisensäure)

Ethansäure (Essigsäure)
Propansäure (Propionsäure)
Butansäure (Buttersäure)
Benzoesäure (Phenyl­ameisensäure)
Ethandisäure (Oxalsäure)
Wich­ti­ge Car­bon­säu­ren.

Struktur und Eigenschaften

Alle Car­bon­säu­ren wei­sen die Car­boxy­grup­pe (-COOH) als Struk­tur­merk­mal auf. Hier­bei ist ein Koh­len­stoff­atom sowohl über eine Dop­pel­bin­dung mit einem Sau­er­stoff­atom als auch über eine Ein­fach­bin­dung mit einer Hydro­xy­grup­pe ver­bun­den.

Wegen der Hydro­xy­grup­pen kön­nen die Car­bon­säu­ren Was­ser­stoff­brü­cken aus­bil­den. Daher sind die inter­mo­le­ku­la­ren Kräf­te rela­tiv groß und somit die Schmelz- und Sie­de­tem­pe­ra­tu­ren rela­tiv hoch.

Siedetemperaturen der n-Alkane, n-Alkohole, n-Aldehyde und der n-Carbonsäuren.

Sie­de­tem­pe­ra­tu­ren der Alka­ne, Alko­ho­le, Alde­hyde und der Car­bon­säu­ren.

Zusätz­lich ist der Effekt der Dime­ri­sie­rung zu beob­ach­ten. So hat Etha­nol eine Sie­de­tem­pe­ra­tur von 78°C und Ethan­säu­re von 118°C.

Was­ser­stoff­brü­cken und Dime­ri­sie­rung bei Car­bon­säu­ren.

Durch die Aus­bil­dung der Was­ser­stoff­brü­cken ist die Was­ser­lös­lich­keit kurz­ket­ti­ger Car­bon­säu­ren sehr gut. Mit zuneh­men­der Anzahl von Koh­len­stoff­ato­men nimmt der Ein­fluß der unpo­la­ren Alkyl­ket­ten zu zwi­schen denen Van-der-Waals-Kräf­te wir­ken. So ist die Essig­säu­re voll­stän­dig in Was­ser lös­lich wäh­rend sich die Hexan­säu­re nur schlecht löst.

Reaktionen der Carbonsäuren

Protolyse

Car­bon­säu­ren reagie­ren mit Was­ser, wobei nega­tiv gela­de­ne Säu­re­res­tio­nen und posi­tiv gela­de­ne Hydro­ni­um­io­nen ent­ste­hen. Die ent­ste­hen­den Säu­re­res­tio­nen kön­nen auch als Car­boxy­la­tio­nen bezeich­net wer­den, weil sie durch Abspal­tung eines Pro­tons von der Car­boxy­grup­pe ent­ste­hen.

Pro­to­ly­se von Essig­säu­re.

Von den Car­boxy­la­tio­nen las­sen sich jeweils zwei meso­me­re Grenz­struk­tu­ren for­mu­lie­ren. Daher sind die­se Ionen beson­ders sta­bil und die Pro­to­nen las­sen sich von der Car­boxy­grup­pe beson­ders leicht abspal­ten.

Grenz­struk­tu­ren des Car­boxy­la­ti­ons.

Mit zuneh­men­der Zahl der Koh­len­stoff­ato­me nimmt bei den Alk­an­säu­ren (Methan­säu­re, Ethan­säu­re, Pro­pan­säu­re usw.) der sau­re Cha­rak­ter ab, d.h. die Pro­to­nen kön­nen immer schlech­ter abge­spal­ten wer­den.

Veresterung

Car­bon­säu­ren reagie­ren mit Alko­ho­len zu Estern, wobei Was­ser abge­spal­ten wird. Als Kata­ly­sa­tor kommt hier­bei kon­zen­trier­te Schwe­fel­säu­re zum Ein­satz.

Ver­such: Her­stel­lung eines Esters

Auf­bau

Durch­füh­rung

In ein Reagenz­glas wer­den 2mL Etha­nol, 2mL Ethan­säu­re und 1mL kon­zen­trier­te Essig­säu­re gege­ben.
Nach dem Schüt­teln wird indi­rekt im Was­ser­bad erhitzt, wobei die Was­ser­tem­pe­ra­tur nicht mehr als 78°C, der Sie­de­tem­pe­ra­tur von Etha­nol, betra­gen soll­te.

Beob­ach­tung

Nach eini­ger Zeit ist ein Geruch nach Alles­kle­ber bemerk­bar.

Deu­tung

Es ist Ethan­säu­re­ethyl­es­ter (Ethyl­etha­no­at) ent­stan­den.

$$
\ce{CH3-COOH + HO-CH2-CH3 -> CH3-CO-O-CH2-CH3 + H2O}
$$

Reaktion mit Calciumcarbonat

Essig, also die wäss­ri­ge Lösung von Essig­säu­re, kann im Haus­halt und anders­wo zum Ent­kal­ken genutzt wer­den. Kalk (Cal­ci­um­car­bo­nat) reagiert mit der Essig­säu­re und es ent­ste­hen gelös­tes Cal­ci­um­ace­tat, Koh­len­stoff­di­oxid und Was­ser. Die Bil­dung von Koh­len­stoff­di­oxid erkennt man an der Gas­ent­wick­lung (Bläs­chen).

$$
\ce{CH3-COOH(aq) + CaCO3(s) -> 2 CH3-COO- (aq) + Ca^{2+}(aq) + H2O(l) }
$$

Reaktion mit Metallen und Metalloxiden

Vie­le Metal­le wer­den schon durch ver­dünn­te Essig­säu­re ange­grif­fen, wobei Ace­tate ent­ste­hen.
Bei der Reak­ti­on mit Magne­si­um ent­ste­hen so Magne­si­um­ace­tat und Was­ser­stoff, wäh­rend es bei der Reak­ti­on mit Magne­si­um­oxid zur Bil­dung von Was­ser kommt.

$$
\begin{align*}
\ce{Mg (s) + 2 CH3COOH (aq) & -> Mg(CH3COO)2 (aq) + H2 (g) } \\
\ce{MgO (s) + 2 CH3COOH (aq) & -> Mg(CH3COO)2 (aq) + H2O (g) }
\end{align*}
$$

Das wohl bekann­tes­te Ace­tat ist das Blei(II)-acetat, das in frü­he­ren Jahr­hun­der­ten und Jahr­tau­sen­den als Blei­zu­cker zum Süßen von Spei­sen und Geträn­ken dien­te. Sehr ger­ne wur­de der oft sau­er schme­cken­de Wein hier­mit ver­süßt. Zucker war ein äußerst sel­te­nes und kost­spie­li­ges Gut und wur­de erst mit der indus­tri­el­len Ver­wen­dung der Zucker­rü­be erschwing­lich.

Lei­der ist Blei­zu­cker als Schwer­me­tall­salz gif­tig und wohl für den frü­hen Tod so man­chen Wein­trin­kers mit­ver­ant­wort­lich. Auch Lud­wig van Beet­ho­ven war ver­mut­lich ein Opfer von bil­li­gem Weiß­wein, der mit Blei­zu­cker gepanscht wor­den ist. In sei­nem Haar wur­de jeden­falls eine sehr hohe Blei­kon­zen­tra­ti­on fest­ge­stellt.

Blei­ace­tat kann durch die Ein­wir­kung von Essigs­säu­re auf Blei(II)-oxid her­ge­stellt wer­den:

$$
\ce{PbO (s) + 2 CH3COOH (aq) -> Pb(CH3COO)2 (aq) + H2O (g) }
$$

Mit Blei­ace­tat­lö­sung getränk­tes Papier dient als Nach­weis­mit­tel für Schwe­fel­was­ser­stoff und damit z.B. für das Vor­han­den­sein von Schwe­fel in orga­ni­schen Sub­stan­zen.

$$
\ce{Pb(CH3COO)2 (aq) + H2S (g) -> PbS (s) + 2 CH3COO- (aq) + 2 H+ (aq) }
$$

Das ent­ste­hen­de Blei­sul­fid (PbS) färbt das Blei­ace­tat­pa­pier braun bis schwarz.

Herstellung

Oxidation von Aldehyden

Durch Oxi­da­ti­ons­mit­tel wie Kali­um­per­man­ga­nat kön­nen pri­mä­re Alko­ho­le zu Alde­hyden und die­se wie­der­um zu Car­bon­säu­ren oxi­diert wer­den:

$$
\begin{align*}
\text{Ox: } & \ce{ CH3-\overset{I}{C}HO + H2O -> CH3-\overset{III}{C}OOH + 2 e- + 2 H+ }\quad | \cdot 5\\
\text{Red: } & \ce{\overset{VII}{Mn}O4- + 5 e- + 8 H+ -> \overset{II}{Mn^2+} + 4 H2O }\quad | \cdot 2\\ \\
\text{Redox: } & \ce{5 CH3-CHO + 5 H2O + 2 MnO4- + 10 e- + 16 H+ -> 5 CH3-COOH + 10 e- + 10 H+ + 2 Mn^2+ + 8 H2O} \\
& \ce{5 CH3-CHO + 2 MnO4- + 6 H+ -> 5 CH3-COOH + 2 Mn^2+ + 3 H2O}\\
\end{align*}
$$

Essigsäuregärung

Seit Jahr­tau­sen­den wird Essig mit der Hil­fe von Bak­te­ri­en (z.B. Ace­to­bac­ter) über eine Oxi­da­ti­on her­ge­stellt. Hier­bei wird Etha­nol in einem ers­ten Schritt zu Ace­t­al­de­hyd oxi­diert.

$$
\begin{align*}
\ce{2 CH3-CH2OH + O2 & -> 2 CH3-CHO + 2 H_2O} \\
\ce{2 CH3-CHO + O2 & -> 2 CH3-COOH }
\end{align*}
$$

Die ablau­fen­den Reak­tio­nen wer­den durch ver­schie­de­ne Enzy­me wie Alko­hol­de­hy­dro­ge­na­se (ADH) ver­mit­telt.
Essig­säu­re wirkt keim­tö­tend. Daher ist die Kon­zen­tra­ti­on der gebil­de­ten Essig­säu­re rela­tiv gering und muss durch Destil­la­ti­on erhöht wer­den.

Wacker-Hoechst-Verfahren

Groß­tech­nisch wird Essig­säu­re nach dem Wacker-Hoechst-Ver­fah­ren her­ge­stellt, wobei zunächst Ethen mit einem Palladium(II)-chlorid-Katalysator zu Ace­t­al­de­hyd oxi­diert wird.
Das Ace­t­al­de­hyd reagiert dann mit Sau­er­stoff zur Essig­säu­re.

$$
\begin{align*}
\ce{2 H_2C=CH_2 + O2 & -> 2 CH3-CHO }\\
\ce{2 CH3-CHO + O2 & -> 2 CH3-COOH}
\end{align*}
$$

Monsanto-Verfahren

Beim Mons­an­to-Ver­fah­ren wird Metha­nol mit Koh­len­stoff­mon­oxid unter Ver­wen­dung eines Rho­di­um-Kata­ly­sa­tors bei hohem Druck zur Reak­ti­on gebracht.
$$
\ce{CH3OH + CO -> CH3-COOH}
$$