Alkohole
Struktur und Eigenschaften
Alkohole zeichnen sich durch das Vorhandensein mindestens einer Hydroxygruppe (-OH) aus. Unverzweigte Alkohole mit einer Hydroxygruppe bilden eine homologe Reihe, in denen sich die physikalischen Eigenschaften, wie Schmelz- und Siedepunkte gesetzmäßig ändern.
Wie die Abbildung zeigt, sind die Siedetemperaturen wesentlich höher als die der Alkane. Bei den Alkanen werden lediglich die relativ schwachen Van-der-Waals-Kräfte wirksam. Zwischen den Alkoholmolekülen wirken wesentlich stärkere Kräfte, was durch die Ausbildung der Wasserstoffbrückenbindungen an den Hydroxygruppen bedingt wird.
Darauf ist auch die gute Wasserlöslichkeit der Alkohole zurückzuführen. Bei den längerkettigen Alkoholen dominieren allerdings die Alkylreste und die Wasserlöslichkeit nimmt ab. So ist Pentanol bereits sehr schlecht in Wasser löslich.
Isomerie und Nomenklatur
Im Namen der Alkohole wird die Stellung der Hydroxygruppe angegeben. Schaeuen wir uns hierzu die Isomeren des Butanols an.
Name | Strukturformel |
---|---|
1-Butanol (primär) | |
2-Butanol (sekundär) | |
2-Methyl-1-propanol (primär) | |
2-Methyl-2-propanol (tertiär) |
Die vier isomeren Butanole unterscheiden sich in der Anordnung der Kohlenstoffatome und der Hydroxygruppen, haben aber alle die identische Summenformel \(\ce{C4H10O}\).
Zu unterscheiden sind primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole, je nachdem ob die Kohlenstoffatome, die die Hydroxygruppen tragen primäre, sekundäre oder tertiäre Kohlenstoffatome sind. Primäre Kohlenstoffatome sind mit einem anderen Kohlenstoffatom verbunden. Sekundäre Kohlenstoffatome haben zwei benachbarte Kohlenstoffatome und tertiäre Kohlenstoffatome haben drei Kohlenstoff-Nachbarn.
Mehrwertige Alkohole
Substanzen mit mehreren Hydroxygruppen werden als mehrwertige Alkohole bezeichnet und so gibt es Diole (z.B. Ethan-1,2-diol), Triole (z.B. Glycerin) usw. Glucose z.B. verfügt sogar über fünf Hydroxygruppen.
Diole mit zwei Hydroxygruppen an einem Kohlenstoffatom, z.B. Ethan-1,1-Diol, werden als geminale Diole bezeichnet. Gemäß der Erlenmeyer-Regel sind sie sehr instabil. Eine Ausnahme von dieser Regel bildet Chloralhydrat (2,2,2-Trichlor-1,1-ethandiol). Es kommt als Schlafmittel zum Einsatz, ist aber nicht ganz ungefährlich. So soll Marilyn Monroe an einer Überdosis verstorben sein.
Reaktionen der Alkohole
Oxidation
Wie alle organischen Stoffe lassen sich Alkohole vollständig oxidieren und es entstehen Kohlenstoffdioxid und Wasser.
\ce{CH3CH2OH + 3 O2 -> 2 CO2 + 3 H2O}
$$
Mit milden Oxidationsmitteln wie Kaliumpermanganat werden Alkohole nicht vollständig oxidiert, die starken Kohlenstoffbindungen werden also nicht gelöst, aber es entstehen Kohlenstoffverbindungen mit einer höheren Oxidationsstufe. Hierfür kommen Aldehyde (R-CHO), Ketone (R1-CO-R2) und Carbonsäuren in Frage (R-COOH). Wir sprechen auch von einer partiellen Oxidation.
Wir wollen uns hierzu ein Experiment anschauen:
Versuch: Reduktion von Ethanol mit Kupfer(II)-oxid
Aufbau:
Durchführung:
Ein Kupferstreifen (oder alternativ 1-Cent-Stück) wird in der Brennerflamme erhitzt, bis er eine schwarze Farbe annimmt.
Dann wird er in einen Erlenmeyerkolben mit Ethanol gegeben.
An die Mündung des Erlenmeyerkolbens wird ein mit Schiffscher Reagenz getränkter Wattebausch gehalten.
Beobachtung:
Nach dem Eintauchen in Ethanol nimmt der Kupferstreifen wieder die ursprüngliche rote Farbe an. Die Schiffsche Reagenz färbt sich violett.
Deutung:
Beim Erhitzen des Kupferstreifens bildet sich an dessen Oberfläche Kupfer(II)-oxid (CuO).
$$
\ce{2 Cu + O2 -> 2 CuO}
$$
Das noch heiße Kupfer(II)-oxid reagiert mit dem Ethanol, wobei das schwarze Oxid zu metallischem Kupfer reduziert wird.
Ethanol wird zu Ethanal oxidiert, weshalb der Aldehydnachweis mit der Schiffschen Probe positiv ausfällt.
\begin{align*}
\text{Ox: } & \ce{CH3-\overset{-I}{C}H2OH ->CH3-\overset{+I}{C}HO + 2 e- + 2 H+ } \quad \big \vert \cdot 1\\
\text{Red: } & \ce{\overset{II}{Cu}O + 2e- +2 H+ -> \overset{0}{Cu} + H2O } \quad \big \vert \cdot 1\\ \\
\text{Redox: } & \ce{CH3-CH2OH + CuO + 2 e- +2 H+ -> CH3-CHO + 2 e- + 2 H+ + Cu + H2O }\\
& \ce{CH3-CH2OH + CuO -> CH3-CHO + Cu + H2O}
\end{align*}
$$
Als Oxidationsmittel in Lösung wird häufig Kaliumpermanganat eingesetzt. Die Lösungen werden hergestellt, indem nur einige Kristalle Kaliumpermanganat in Wasser gelöst werden. Anschließend wird mit Schwefelsäure angesäuert. Wir wollen uns ansehen, wie primäre, sekundäre und tertiäre Alkohole auf die Zugabe von schwefelsaurer Permanganat-Lösung reagieren.
Versuch: Reaktion verschiedener Butanole mit Kaliumpermanganat-Lösungen
Aufbau
Durchführung
Es wird eine Permanganat-Lösung hergestellt, indem wenige Kristalle in Wasser gelöst werden. Zu die violetten Lösung wird Schwefelsäure gegeben und geschüttelt. Die Lösung wird auf drei Reagenzgläser A, B und C verteilt.
In Reagenzglas A wird Butan-1-ol, in Reagenzglas B Butan-2-ol und in Reagenzglas C 2-Methyl-2-propanol getropft und anschließend geschüttelt.
Die Reagenzgläser werden in ein mit Wasser gefülltes Becherglas gegeben und es wird erhitzt.
Beobachtung
Bei den Reagenzgläsern A und B kommt es zu einer Entfärbung, während im Reagenzglas C nach längerem Erhitzen eine Braunfärbung zu beobachten ist.
Deutung
Primäre und sekundäre Alkohole lassen sich mit Kaliumpermanganat oxidieren. (Die Braunfärbung beim 2-Methyl-propan-2-ol ist auf eine Nebenreaktion des Permanganats zurückzuführen.)
1. Reaktion von Butan-1-ol \(\ce{C3H7-CH2OH}\) zu Butanal \(\ce{C3H7-CHO}\):
\begin{align*}
\text{Ox: } & \ce{C3H7-\overset{-I}{C}H2OH -> C3H7-\overset{+I}{C}HO + 2e- + 2 H+} \\
\text{Red: } & \ce{\overset{VII}{Mn}O4- + 5 e- + 8 H+ -> \overset{II}{Mn}^{2+} + 4 H2O} \\ \\
\text{Redox: } & \ce{5 C3H7-CH2OH + 2 MnO4- + 10 e- + 16 H+ -> 5 C3H7-CHO + 10 e- + 10 H+ + 2 Mn^{2+} + 8 H2O} \\
& \ce{5 C3H7-CH2OH + 2 MnO4- + 6 H+ -> 5 C3H7-CHO + 2 Mn^{2+} + 8 H2O }
\end{align*}
$$
2. Reaktion von Butan-2-ol \(\ce{CH3-CHOH-C2H5}\) zu Butanon \(\ce{CH3-CO-C2H5}\):
\begin{align*}
\text{Ox: } & \ce{CH3-\overset{0}{C}HOH-C2H5 -> CH3-\overset{II}{C}O-C2H5 + 2e- + 2 H+} \\
\text{Red: } & \ce{\overset{VII}{Mn}O4- + 5 e- + 8 H+ -> \overset{II}{Mn}^{2+} + 4 H2O} \\ \\
\text{Redox: } & \ce{5 CH3-CHOH-C2H5 + 2 MnO4- + 10 e- + 16 H+ -> 5 CH3-CO-C2H5 + 10 e- + 10 H+ + 2 Mn^{2+} + 8 H2O} \\
& \ce{5 R1-CHOH-R2 + 2 MnO4- + 6 H+ -> 5 R1-CO-R2 + 2 Mn^{2+} + 8 H2O }
\end{align*}
$$
Veresterung
Carbonsäuren reagieren mit Alkoholen zu Estern, wobei Wasser abgespalten wird. Als Katalysator kommt hierbei konzentrierte Schwefelsäure zum Einsatz.
Versuch: Herstellung eines Esters
Aufbau
Durchführung
In ein Reagenzglas werden 2mL Ethanol, 2mL Ethansäure und 1mL konzentrierte Essigsäure gegeben.
Nach dem Schütteln wird indirekt im Wasserbad erhitzt, wobei die Wassertemperatur nicht mehr als 78°C, der Siedetemperatur von Ethanol, betragen sollte.
Beobachtung
Nach einiger Zeit ist ein Geruch nach Alleskleber bemerkbar.
Deutung
Es ist Ethansäureethylester (Ethylethanoat) entstanden.
Die Schwefelsäure hat dabei die Funktion eines Katalysators. Derartige Substanzen beschleunigen die Reaktion, indem die Aktivierungsenergie herabgesetzt wird. Nach Ende der Reaktion liegen Katalysatoren unverändert vor.
\ce{CH3-COOH + HO-CH2-CH3 -> CH3-CO-O-CH2-CH3 + H2O}
$$
Alkoholatbildung
Versuch: Reaktion von Natrium mit Wasser und mit Ethanol
Aufbau
Reaktion mit Wasser:
Reaktion mit Ethanol:
Durchführung
Reaktion mit Wasser (Lehrer-Demonstrationsversuch, Abzug!). In eine mit Wasser und einigen Tropfen Phenolphthalein gefüllte pneumatische Wanne werden kleine Papierschiffchen gebracht. Auf die schwimmenden Schiffe werden kleine Stückchen Natrium gebracht.
Reaktion mit Ethanol. In ein mit Ethanol gefülltes Reagenzglas mit Ableitung wird Natrium gebracht. Das Reagenzglas wird mit einem Stopfen verschlossen und das entstehende Gas wird pneumatisch in einem Reagenzglas aufgefangen. Mit dem Gas wird die Knallgasprobe durchgeführt. Nach beendeter Reaktion mit dem Natrium wird zu dem Reagenzglas etwas Wasser und Phenolphthalein gegeben.
Beobachtung
Reaktion mit Wasser. Natrium reagiert heftig mit Wasser. Die Schiffe entzünden sich und das Natrium kann noch heftiger reagieren. Das Phenolphthalein färbt sich rot. (Das ist das Blut der gefallenen Seeleute).
Reaktion mit Ethanol. Die Knallgasprobe ist positiv und auch hier färbt sich das Phenolphthalein rot.
Deutung
Durch die Hydroxygruppe reagieren Alkohole ähnlich wie Wasser. So reagieren beide mit Natrium, wobei die Reaktion bei Wasser wesentlich heftiger ausfällt.
$$
\begin{align*}
\text{Wasser: } & \ce{2 Na + 2 H2O -> 2 Na+ + 2 OH- + H2 }\\ \\
\text{Ethanol: } & \ce{Na + CH3-CH2OH -> Na+ + CH3-CH2O- + H2 }
\end{align*}
$$
Bei der Reaktion von Natrium mit Wasser entstehen Hydroxidionen, die mit Phenolphthalein oder Universalindikator nachgewiesen werden können. Reagiert indessen Ethanol, so entstehen Ethanolat-Ionen: Auch diese reagieren alkalisch.
In beiden Fällen entsteht Wasserstoff, das in der Seeschlacht die Schiffe entzündet und bei der Reaktion mit Ethanol mittels Knallgasprobe nachgewiesen wird.
Eliminierung
Erhitzt man gleiche Volumina von Ethanol und konzentrierter Schwefelsäure auf 160°C, so entsteht ein Gas, das Bromwasser entfärbt. Die Baeyer-Probe verläuft ebenfalls positiv.
Ethanol wird eliminiert. Wie bei jeder Eliminierung wird die Mehrfachbindung aufgelöst und als Nebenprodukt entsteht hier Wasser. Man spricht deshalb auch von einer Dehydratisierung.
$$
\ce{CH3-CH2OH ->[H2SO4] H2C=CH2 + H2O}
$$
Auf diese Art lässt sich auch Ethanol aus Ethen und Wasser herstellen.
Herstellung
Ethanol kann durch Gärung hergestellt werden. Dabei werden Einfachzucker wie Glucose zu Ethanol vergoren.
$$
\ce{C6H12O6 -> 2 C2H5OH + 2 CO2}
$$
Allerdings ist eine Konzentration an Ethanol über 15% nicht möglich, da das Zellgift Ethanol Bakterien und Hefen tötet. Daher wird das Reaktionsgemisch anschließend destilliert, wenn man keinen Wein haben möchte.